In der Stille, ein Klang
ertönt sich, wird zum Laut
und fordert Aufmerksamkeit,
indem es sich zum Wort bildet.
Das Wort
ist die menschliche Eroberung der Laute.
Wer das letzte Wort hat, regiert die Welt.
Wir denken in Sprache.
Ohne Wörter
würden alle Geschichten stumm bleiben.
Lesend kann ich Wortspuren folgen,
die mich um die Welt reisen lassen.
Das gezielt Verschwiegene
wird zu seiner Substanz im Zwischenraum.
Das Wort kann verbinden,
mich mit dem Anderen.
Das ordnende Wort
kann mein inneres Chaos sortieren.
Das Wort kann trösten.
Das Wort kann teilen, messerscharf.
Dem Wort geht etwas voraus,
eine Bewegung an einem verborgenen Ort.
Das formulierte Wort
hat seinen Ursprung im Unaussprechlichen.
Das Wort in mir läuft durch eine Kontrolle.
Es wird geprüft, ob es dem Standard entspricht,
bevor es sich in der Welt äußern darf.
Das Wort wird beherrscht
von einer inneren Instanz,
die das Überleben in der Gesellschaft sichert.
Das Wort, das dort erklingt, ist wohlerzogen.
Wörter sind dort dressierte Laute.
Das Wort kann lügen.
Nur der Schrei ist noch frei,
kommt aus einer unkontrollierten Tiefe.
Wörter reisen selten in diese Tiefe,
wenn sie davon berichten,
können sie nur umschreiben,
sie hüllen das Wahrhaftige ein,
um es transportfähig zu machen.
Um Wesentliches zu verstehen
braucht es mehr als die Sprache.
Das Wahrhaftige tönt lautlos
durch die Wortsprache hindurch,
es klingt im Resonanzraum des Anderen,
wenn dieser sich davon berühren lässt
und es wiedererkennt.
Wir hören, dass das Meer salzig ist,
doch um es zu verstehen,
müssen wir Salz schmecken.
Ohne Salz erfahren zu haben,
bleibt das Wort leer.
Ohne das Wort
bliebe diese Seite leer.
Um die Wahrheit meiner Worte zu verstehen,
muss ich mir Fragen stellen.
Wo in mir bildet sich das Wort?
Wer in mir bildet das Wort?
Was will im Wort erscheinen?
Wen möchte es berühren?
Tragen meine Worte
Impulse aus meiner Tiefe mit sich?
Oder wiederholen sie
fremde Gedanken,
die sich in mich hineingeschlichen haben?
Unsere mentale Verstandes-Ebene
ist der bestdressierte Ort auf dieser Welt.
Beim Wort dressiert denken wir an Turnierpferde.
Das dressierte Pferd bleibt trotzdem was es ist.
Wir haben Trojanische Gedanken-Pferde
in unserem Inneren,
die wir nicht verorten können.
Weil wir, im Gegensatz zum Pferd,
nicht nur etwas andressiert bekommen haben,
sondern uns Fähigkeiten abdressiert wurden.
Unter anderem die Fähigkeit,
trotzdem uns selbst zu sein.
So wissen wir nicht mehr, wer wir selbst sind
und was das Fremde in uns hineingetragen hat.
Wir sind auch deshalb nicht mehr ganz wir selbst,
weil uns gesagt wurde,
dass wir all unser Nicht-gut-genug-Sein
verdrängen müssen.
Das Pferd bleibt immer ganz.
Wir sind nur noch Teile von uns.
Die von uns selbst verlassenen Teile
können nun fremdbesetzt werdend.
Das Wort ist dort am mächtigsten,
wo wir nicht erkennen,
was es in seinem Inneren transportiert.
Das Wort,
welches in sich
Samen fremder Absichten trägt,
fruchtet in unserem,
von uns selbst verlassenen Boden.
Jedes dieser so getarnten Worte
ist eine Kriegserklärung
an unsere Freiheit,
an unser Recht,
als Mensch
ein selbstbestimmtes Ganzes
zu sein.