Ignoranz

Subtile Gewaltanwendung

Benutze ich die Ignoranz, weil ich andere schwächen will, um die Kontrolle oder die Macht über eine Situation zu erlangen, dann agiere ich immer aus einem ursprünglichen Mangel heraus. Ich habe in mir nicht das Vertrauen in das Leben, dass mir genügend zukommen wird, wenn ich es mir nicht auf irgendeine Art gewaltsam nehme. Ich habe nicht das Vertrauen in mich selbst, einer Konfrontation gewachsen zu sein. Die unfähigste Art mit so einer Situation umzugehen, ist die Ignoranz.

Das nach außen hin anscheinende Nichthandeln der Ignoranz, ist in ihrem Kern eine Gewaltanwendung der subtilsten Art. Es ist wie eine Waffe in Kinderhänden. In Kinderhänden deshalb, weil der zugrunde liegende Mangel aus dieser Lebensphase kommt, ein ursprüngliches kindliches Minderwertigkeitsgefühl wird mit einer fremden Kraft getarnt. Kraftvoll ist das Wesen der Ignoranz, nicht aber derjenige, der sie benutzt. Ein souveräner Mensch greift nicht zu solchen Waffen. Dies ist ein wesentlicher Aspekt im Umgang mit strategischen Ignoranten. Auf einer souveränen Ebene wird das nicht so einfach geklärt werden können, weil sich diese nicht auf dieser Ebene befinden. Auch das Machogehabe ist ein Fehlen von Souveränität und kommt aus einen ähnlichen kindlichen Mangel und einem unterdrückten Gefühl von Minderwertigkeit heraus.

Werden subtile Waffen wie die Ignoranz ganz gezielt von Erwachsenen eingesetzt, so bleibt, in ihrem Ursprung, es immer auch die Tat eines geschwächten Kindes das Mangel oder Wunden erfahren hat und nicht in der Lage ist, aus sich heraus diesen Schmerz auszugleichen. So muss es von außen etwas nehmen oder darstellen, um diesen Mangel zu kompensieren. Es nimmt jemanden anderen etwas weg, weil es nicht in sich selbst das finden kann, was es braucht, um zufrieden zu sein. Keinen genügsamen Frieden in sich zu finden, bedeutet im Krieg zu sein, bedeutet Gewalt anwenden, andere verletzen, den anderen schwächer zu machen, um sich stärker zu fühlen.

Dass man mit Ignoranz heute so gut vorankommt liegt an unserer Gesellschaft, in der keinen Wert auf Kommunikationskompetenz gelegt wird und unsere Erziehung eher etwas mit Ziehen zu tun hat, als mit Persönlichkeitsbegleitung: Bist du nicht, wie ich meine, dass du sein sollst, dann entziehe ich dir meine Liebe, meine Aufmerksamkeit. Erziehung bedeutet damit also; ich entziehe dir, wenn du nicht gehorsam bist. Das Kind lernt früh, was es bedeutet, wenn einem die Aufmerksamkeit entzogen wird. Und wie reagiert ein Kind oft, wenn es subtil weggetreten wird? Es geht zum nächsten bei dem es sich traut und tritt diesen weg.

Konditionierte Selbstentfremdung, seelischer Mangel, weil wir unser Liebesbedürfnis mit Anerkennungssucht verwechseln und das in einer Gesellschaft, welche die neoliberale Selbstoptimierung als Weg zum Glück propagandiert, dies sind Ausgangspunkte, warum heute die Gewalttat der Ignoranz als Kavaliersdelikt bestehen kann.

Noch. Doch nur noch solange, bis sie in ihrem Wesen und Ursprung erkannt wird. Nicht nur von einigen Psychologen oder Opfern während ihrer Therapie, sondern einfach, weil destruktive Handlungsmuster von immer mehr Menschen wahrgenommen werden.

Übung / Visualisierung

Wenn mir ein solch Ignoranter begegnet, dann sehe ich eine Bilderreihe der ich folge: Zuerst ist da ein starker Bär, bei dem alles abprallt, was ich entgegenbringe, der mit seiner Größe den ganzen Raum füllt, sodass für mich kein Platz mehr bleibt. Folge ich dieser Spur weiter in sein Inneres, dann erscheint mir ein Bild von einem kleinen Jungen, der mit kurzen Hosen und aufgeschürften Beinen die Hände vor seine Augen presst und die Zunge rausstreckt: Ellabätsch, ich seh dich nicht, ich schau einfach nicht hin! Du kannst mich mal!

Und dann kommt da plötzlich etwas Empathisches in mir hoch, wie bei Kindern, die denken, wenn sie nicht sehen, dann werden sie auch nicht gesehen, aber das ist nun vorbei mein Kleiner, ich kann dich sehen, aber weil ich so nahe bei dir bin, fange ich an dich auch irgendwie zu mögen, weil du mich berührst. Wenn ich dann noch einen Schritt tiefer gehe, dann sehe ich ein noch kleineres Kind, dass in seiner Trauer ganz in sich versunken ist, das einen Teddy in der Hand hat, der ein Bein und einen Arm verloren hat, die liegen da hinter ihm rum und keiner merkt es, keiner näht sie wieder an. Ein tiefes Mitgefühl kommt in mir auf, ich möchte ihn umarmen, in trösten, sagen: Ich bin da, ich sehe dich.

Finde eigene innere Bilder oder Empfindungen mit denen du so arbeiten kannst.                  

 Im übelsten Kerl findet sich die Spur zu einem verletzten kindlichen Anteil.

Der Ignorant, der gerade in einer Person an vorderster Front agiert will natürlich auf keinen Fall gesehen werden! Er könnte es nicht ertragen, dass jemand seine eigentliche Schwäche erkennen kann. Je mehr du von ihm siehst, desto eine größere Gefahr bist du für ihn. Die Ignoranz bietet ihm die Möglichkeit vor dir davon zu laufen und sich gleichzeitig groß zu fühlen, weil er dich ganz cool abblitzen lässt.

Wenn ich jedoch diesen Ursprung der Minderwertigkeit in ihm sehen kann, dann bin ich kein Opfer mehr. Selbst der stärkste Krieger kann keinen Krieg weiterführen, wenn er kein Opfer mehr hat. Ohne Verlierer kann man nicht siegen. Diesmal wird ihm aber, im Gegensatz zu seiner kindlichen Erfahrung, die Aufmerksamkeit nicht einfach entzogen, sondern sie bekommt einen anderen Focus. So kann der Ignorant, zuerst auf der energetischen Ebenen, die neue Erfahrung machen, dass nur seine Tat keine Aufmerksamkeit mehr bekommt, sie aber nicht ihm als Mensch entzogen wird. Wirkt es auf der energetischen Ebene auf ihn, dass sein Gegenüber seine innere Haltung verändert hat, vom Opfersein zu einer Empathie, dann kann es dem Ignoranten, mit einer gewissen Bereitschaft zur Selbstreflektion, möglich werden zu einer heilsamen Erkenntnis zu kommen.

Empathie kann aber nie gewollt werden, weil man ein besserer Mensch sein will als der andere oder weil man sich dadurch überlegen oder menschlich gereifter fühlen möchte. Ist Empathie nicht authentisch, wie alle guten Eigenschaften, die man haben möchte, dann kommt sie aus einer Teilpersönlichkeit in uns, die sich mit dem Gutsein identifiziert. Dies ruft unweigerlich eine andere Seite in uns auf, die durch den aufgesetzten Gutwillen unterdrückt wird und sie wird rebellieren. Das kann so subtil sein, dass uns das erstmal wenig auffällt, doch je unbewusster dieser Vorgang ist, desto verheerender können die Folgen sein und wir geraten selbst in einen „passiv aggressiv“ Prozess, indem wir unsere unterdrückten Energien auf gemeine, geheime Weise veräußern müssen und somit selbst die subtile Gewaltanwendung weitertragen.

Es spricht für sich, dass die subtile Gewaltanwendung genauso oft in Gemeinschaften zu finden sind, die sich dem bewussten `Wirmachenesbesser´ verschrieben haben.

Ein neuer Inhalt allein reicht nicht, um Neues zu gestalten, solange wir in den alten Handlungssystemen stecken bleiben.

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